Biotech – die Aussichten sind vielversprechend
Die Talsohle des Biotech-Bärenmarkts dürfte hinter uns liegen. Die Sektortiefstände wurden Mitte Juni 2022 erreicht. Darauf folgte ein Kursanstieg von rund 30% (Mitte Juni bis Mitte August gemessen am Nasdaq Biotech Index, NBI), der jedoch aktuell etwas an Fahrt verloren hat. Dennoch sind die Aussichten positiv, und zwar nicht nur bis zum Jahresende, sondern auch für das kommende Jahr. Der Grund: Viele Biotechunternehmen sind derzeit sehr gut positioniert und höchst attraktiv bewertet. Zudem werden viele wichtige Innovationen erwartet, mit wachsendem Marktpotenzial der einzelnen Indikationen.
Attraktive Einstiegsmöglichkeiten
Ein weiterer Treiber ist der wachsende Druck auf die Pharmakonzerne. Sie müssen neue Wachstumstreiber generieren, denn Schätzungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA zufolge verlieren noch in dieser Dekade Blockbuster-Medikamente mit einem Gesamtumsatz von mehr als USD 250 Mrd. ihren Patentschutz. Die Gewinnentwicklung vieler grosser Pharmaunternehmen hängt häufig von wenigen Kassenschlagern ab. Laufen die Patente ab, sind die Gewinne gefährdet. Daher sind die Firmen stetig bemüht, sich neue Technologien und Medikamente anzueignen. Gleichzeitig sind kleine und mittelgrosse Biotechfirmen, die mangels hoher Medikamentenerlöse noch nicht profitabel arbeiten, nach teilweise kräftigen Kursabschlägen derzeit historisch tief bewertet. Das bietet attraktive Einstiegsmöglichkeiten.
Getrieben wurde die Ausverkaufswelle in den letzten zwölf Monaten von einer stärkeren Diskontierung der zu erwartenden Umsätze infolge der inflationsbedingt steigenden Zinsen. Trotz der derzeit anhaltenden Marktvolatilität rechnen wir damit, dass die Biotechbranche sich durch anhaltende Wertschöpfung im Gesundheitsbereich behaupten wird.
Fokus auf Mid Caps
Der Bellevue Biotech (Lux) Fonds legt seinen Schwerpunkt auf mittelgrosse Biotechunternehmen, die sich durch Innovation und Wachstumsorientierung sowie das Vorhandensein zahlreicher Katalysatoren in expandierenden Pipelines auszeichnen. Die Innovation in der Biotechbranche ist ungebrochen. So ist zu beobachten, dass Bereiche wie die Gentherapie aktuell in die nächste Generation von Produkten und Technologien übergeht. Andere bereits etablierte Technologien wie die RNA-Technologie breiten sich von ihrem anfänglichen Fokus auf seltene Krankheiten rasch auf grössere Indikationen aus und könnten so deutlich höhere Umsätze erzielen als ursprünglich erwartet wurde.
Ein Beispiel hierfür ist Biomarin mit der europäischen Markteinführung von Roctavian, dem ersten Gentherapeutikum zur Behandlung von schwerer Hämophilie A. Auch Alnylam steht nach exzellenten klinischen Daten vor der Zulassung von Patisiran, einem Medikament gegen ATTR-Amyloidose mit Kardiomyopathie. Dieses Nischenprodukt könnte in Zukunft Milliardenerlöse erzielen. Aber auch ausgewählte grössere, reife und vor allem profitable Biotechs bieten Chancen. So weisen der Biotechriese Vertex oder auch die weltweit tätige Regeneron in diesem Jahr bereits deutliche Kursanstiege vor, was gerade in volatilen oder defensiveren Zeiten eine ausgewogene Balance in das Biotechportfolio bringt.
Verstärkte Übernahmeaktivitäten
Die jüngsten Zukäufe angesichts der weiterhin tiefen Bewertungen im Sektor könnten den Auftakt für eine neue Übernahmewelle darstellen und den Sektor zusätzlich beflügeln. So ist Pfizer seit Längerem auf Einkaufstour. Zuletzt hat der Pharmakonzern im August USD 5.4 Mrd. für Global Blood Therapeutics bezahlt. Das US-Biotechunternehmen entwickelt Arzneien gegen seltene Bluterkrankungen und ist führend in der Behandlung von Sichelzellanämie. Diese genetisch bedingte Erkrankung führt zu einer sichelförmigen Verformung der roten Blutkörperchen. Drei Monate zuvor hatte Pfizer die bislang grösste Transaktion dieses Jahres in der Biotechbranche abgeschlossen. Für USD 11.6 Mrd. kaufte Pfizer das US-Biotechunternehmen Biohaven und sicherte sich damit die Vermarktung von Nurtec, ein Migränemedikament mit einem neuen Wirkmechanismus.
Die zunehmenden Übernahmeaktivitäten gepaart mit der starken Innovationspipeline dürften den Sektor vor dem Gegenwind steigender Zinssätze schützen. Wir sehen gute Chancen, dass die grossen Pharmafirmen, ausgerüstet mit robusten Bilanzen, ihre Pipelines auch Ende des Jahres und Anfang 2023 mit Zukäufen bereichern werden. Verschiedene Faktoren sprechen nach unserer Einschätzung dafür, dass die Zahl der Akquisitionen weiter steigen wird. So haben zahlreiche Biotechs in diesem Jahr vielversprechende klinische Daten vorgelegt. Akzente setzen Biotechfirmen ebenso bei einzelnen Zulassungen. Aus politischer Sicht sehen wir die Branche in einem guten Umfeld. Mit der jüngsten Gesetzesinitiative werden innovative Medikamente in den USA, dem weltweit grössten Medikamentenmarkt, in Zukunft nicht von Preisdeckelungen tangiert. Dies fördert nicht nur die Innovation, sondern auch die Kauflust von Big Pharma, attraktive Biotechfirmen zu akquirieren. Firmen, die für ihre ersten Produkte auf der Basis von neuen bahnbrechenden Technologien die Marktzulassung erhalten haben oder unmittelbar davorstehen, sollten besonders gesucht sein, um Patentabläufe schnell kompensieren zu können. Ein Blick auf die Transaktionen dieses Jahres zeigt, dass die Onkologie das wichtigste Krankheitsgebiet für übernahmewillige Interessenten bleibt. Aber auch in der Neurologie, bei neuen Therapien gegen Schizophrenie und Depression, haben einige kleinere Biotechs in den letzten Jahren gute Fortschritte erzielt.
Ausblick
Die soliden regulatorischen Bedingungen gepaart mit steigenden Studienanträgen bei der US-Gesundheitsbehörde FDA deuten auf weitere Zulassungen im Bereich der Medikamentenentwicklung. Die Innovation ist in vollem Gange, neue Durchbrüche werden vorangetrieben und neue Produkte zügig auf den Markt gebracht. Vor dem Hintergrund der attraktiven Bewertungen kommen Investoren in den Genuss von guten Renditeaussichten. Aufgrund seiner eigenen Dynamik gehört der Sektor ohnehin in jedes diversifizierte Portfolio. Die aktuellen Kurse laden zu neuen Biotechinvestments oder zu Zukäufen ein.